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Markt & Branche

Electrolux erwirbt GE Appliances – mit Folgen für die BSH?

Am 8. September gab Electrolux bekannt, GE Appliances für 3,3 Milliarden US Dollar (2,5 Mrd. Euro) inklusive der 48,4% Beteiligung an dem mexikanischen Hausgeräteanbieter Mabe erworben zu haben. Der Kauf beinhaltet auch eine „long-term“ Nutzung der Marke General Electric – eine Konkretisierung dazu beinhalten die Pressestatements von GE wie auch von Electrolux nicht. Die Akquisition steht noch unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen, soll aber spätestens Ende 2015 vollzogen sein.

 

Die Hausgerätesparte von General Electric (GE) verbucht aktuell einen Umsatz von rund 5,7 Milliarden US Dollar (4,3 Mrd. Euro). Rund 35 % davon wird mit dem Produktbereich Kochen erzielt, auf Kühlen entfallen 25%, weitere 20% auf Wäschepflege und jeweils 10% auf Geschirrspüler sowie auf den Bereich Warmwasser und Klimageräte. An neun Produktionsstandorten werden rund 12.000 Mitarbeiter beschäftigt. GE Appliances ist überwiegend in den USA und Canada aktiv. Auf beide Regionen entfallen etwa 90% des Umsatzes.

 

So verwundert es kaum, dass GE Appliances in Deutschland nur Insidern und Liebhabern amerikanischer Kühlschränke wirklich bekannt ist. Die hochwertigen Side-by-Sides aus den USA werden hierzulande von der CoolGiants AG, Bremen, schwerpunktmäßig über den Küchenhandel vermarktet.

Konsequenzen für die BSH

Worin liegt nun die Brisanz dieses Deals? An der Marktbedeutung in Deutschland kann es nicht liegen. Richten wir die Augen auf die Finanzwelt. Mit dem Verkauf seiner Hausgerätesparte vollzog der GE-Konzern einen weiteren Schritt zum reinrassigen Industriekonzern. So wird Jeff Immelt, CEO des GE-Konzerns, mit den Worten zitiert: „Diese Transaktion unterstreicht unsere Strategie, der weltbeste Konzern für Infrastruktur und Technologie zu werden. Wir entwickeln einen neuen Typus von Industrieunternehmen mit den margenstarken Sparten Öl, Gas, Energie, Luftverkehr und Gesundheit.“ Als Beispiel seiner Unternehmenspolitik nennt Immelt den kürzlichen Erwerb der französischen Industriegruppe Alstrom, an dem Siemens ebenfalls interessiert war, aber seinem US-Konkurrenten den Vortritt lassen musste.

 

Bei den Finanzinvestoren gilt GE als der US-Rivale von Siemens und als Blaupause auf dessen Weg, sich noch stärker als bisher auf lukrative Industriesparten zu konzentrieren. Der Verkauf der GE-Hausgerätesparte könnte die Finanzanalysten animieren, die Siemens AG verstärkt dazu zu bewegen, eventuell gar unter Druck zu setzen, sich von dem Engagement an der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH zu trennen. Joe Kaeser, Siemens CEO, hat darüber bereits öffentlich nachgedacht. (Wir berichteten »bereits).

 

Erst preschte er von sich aus vor. Mag sein, dass der BSH-Anteil zur Refinanzierung für seinen erhofften Alstrom-Deal herhalten sollte. Nun kommt erschwerend hinzu, dass zwar die BSH ihre Position als die weltweite Nummer 3 im Hausgerätemarkt behauptet, den beiden Konzernen Electrolux mit demnächst 22,5 Milliarden Euro Umsatz und Whirlpool mit 22,3 Milliarden definitiv nicht das Wasser reichen kann. Auch wenn BSH-Chef Dr. Karsten Ottenberg das Ziel ausgegeben hat, innerhalb der nächsten zehn Jahre die Umsatzschallmauer von 20 Milliarden Euro – aktuell beläuft sich der Jahresumsatz auf 10,5 Mrd. Euro – zu überspringen, stellt sich die Frage: Wie soll dies gelingen? Alles organisch aus eigener Kraft, wie Ottenberg gegenüber der Presseagentur Reuters am 9. September betonte? Dabei hat er die Märkte China, USA und Europa besonders im Visier. Doch wie in Nordamerika gegen die Phalanx GE/Electrolux und Whirlpool anstinken?

 

Hinter verschlossenen Türen dürfte der Electrolux-Deal bei Siemens wie auch bei Bosch viele Fragezeichen aufwerfen. Auch wenn Ottenberg in dem angesprochenen Reuters Interview salomonisch formuliert: „Keine der beiden Mütter würden uns stiefmütterlich behandeln. Die BSH ist ein gemeinsamer Wert und das wird von beiden Seiten auch so wahrgenommen.“ Dennoch: Die Lösungen werden nicht allzu lange auf sich warten lassen.
Mit oder wahrscheinlicher ohne Siemens? Unabhängig davon: Von einer „long-term“ Nutzung der Namensrechte Siemens - durch wen auch immer (naheliegend Bosch?) - kann man jedoch ausgehen.

IFA 2014: Wirklich zukunftsweisend? Oder mehr „smarte“ Optimierungen“

Highlights? Was gibt es Besonderes? Gefühlt wurde ich noch nie so oft auf einer IFA nach hervorstechenden und richtungsweisenden Produkten und Konzepten gefragt. Kann es sein, dass unter den immer „Mehr des Gleichen“ – auch mit durchaus optimierten Ausstattungsmerkmalen – die echten Innovationen und Schlüsselthemen untergehen? Oder überlagern medial hochgetriebene Themen wie Vernetzung den Blick aufs Wesentliche?

 

Bevor dieser Beitrag auf Produkt- und Konzept-Highlights eingeht, noch ein paar Zeilen zu den Stichworten Connectivity, Vernetzung sowie App-Welt – der mediale Hype vor und während der IFA. Und hier kommt schon die erste Enttäuschung: Von der hochgejubelten Vernetzung bleibt in Realiter oftmals nur eine drahtlose Fernsteuerung von Geräten übrig. Zugegeben: mit höherem Bedienkomfort.

 

Gespräche mit Händlern stimmen nicht gerade optimistisch. Vielen Erfahrenen – besonders weiblichen, haushaltserfahrenen Fachleuten – erschließt sich nicht der Nutzen. Komfort schön und gut – doch frisches Wasser muss immer noch von Hand in den Wasserbehälter des Vollautomaten gefüllt werden, Hemden und Blusen kommen ebenfalls ohne händische Unterstützung nicht in die in die Waschmaschine. Die Ratio dominiert.

 

Doch aufgepasst: Neben der Verstandesebene gibt es auch eine emotionale Seite beim Verbraucher. Die meisten Kaufentscheidungen fallen im Bauch, wie erfahrene Händler seit Jahren wissen. Hier kommen zum Beispiel Lifestyle, Statusgehabe oder Freude an technischen Raffinessen zum Tragen. So kann es durchaus sein, dass ein Kaffeevollautomat mit App-Tablet-Steuerung sich deutlich besser verkauft als ein technisch gleichwertiges Modell ohne App-Feature - sofern der Aufpreis sich im Rahmen hält. Alles wohl bekannt vom Smartphone, dessen Möglichkeiten wohl kaum von den Benutzern voll ausgeschöpft werden. Fazit: Auch wenn man innerlich eine Sperre beim Thema Vernetzung fühlt, Connectivity bleibt das Zukunftsthema!

 

Wie die Zukunft aussehen kann, zeigt das System „Home Connect“ der BSH“ und - noch viel fortschrittlicher - die Bauknecht-Studie „Interactive Cooktop“. Hier wird das Kochfeld zur Schaltzentrale im vernetzten Haus: Gleichzeitig kochen, Rezepte abrufen, TV schauen und sogar nach außen kommunizieren, das ist ein hochinteressantes Konzept, genauso wie das Grundig Bediensystem VUX, das dank Lichtprojektion ohne Dreh- und Druckknöpfe auskommt. Auch Samsung setzte per Keynote von CEO Boo-Keun Yoon und über die Präsentation „Bringing Your Future Home“ im CityCube deutliche Impulse in Richtung Vernetzung. Der vermeintlich kleine Anbieter Amica überraschte mit der Lösung „In.“ Hier werden zusätzliche Geräte über eine Powerline-Lösung vernetzt.

Staubsauger und das EU-Label

Spannender als aktuell kann Bodenpflege nicht sein. Wer nun Ruhe und Sicherheit von den IFA-Modellen, die natürlich alle den neuen EU-Normen entsprechen sollten, erwartet hatte, ging vielleicht verunsicherter als zuvor von dannen. Die Anbieter untereinander zweifelten mit charmant rustikalen Worten an den Messwerten und Label-Auszeichnungen des Wettbewerbs. Auf Wettbewerbsdruck hin zeigte eine Top-Marke plötzlich seine neuen Modelle sogar ohne Schildchen. Hier wird noch manche Schlacht vor Gericht ausgetragen werden. Entscheidend jedoch: Bei Verbrauchern und Handel ist „rübergekommen“, dass geringere Wattage nicht zwangsläufig schlechtere Saugleistungen bedeuteten. Miele zeigte plakativ, was ein Eco-Staubsauger per Vakuum an Kraft hat, dass er mit Leichtigkeit zwei Waschmaschinen von je 100 Gewicht stemmen kann.

 

Neu in das Segment Bodenpflege ist Severin mit seiner Tochter Severin Floorcare GmbH eingestiegen. Ralf Wietek und Thomas Meyer, zwei branchenerfahrene Fachleute, sollen die Gunst der Stunde nutzen und ins Geschäft mit Staubsaugern eingreifen. Indes: Start-ups mit neuen, gar revolutionären Technologiekonzepten wie einst Dyson mit der Cyclon-Technik suchte man unter dem Funkturm vergeblich.

Schnelldurchgang Highlights

Hier kommt ein Schnelldurchgang zu den – definitiv nicht vollständigen – Highlights. Produktkonzepte, die im Vorfeld der IFA groß herausgestellt wurden, sind nicht mehr berücksichtigt. Darunter fallen zum Beispiel der Jura-Jubiläums-Kaffeevollautomat J500 für 20 Jahre Impressa, die Latt’Espress von Krups wie auch die KÜCHENminis von WMF.

Meine Favoriten bei Kleingeräten:

  • Lässig und schnell zubereitete italienische Kochkunst bringt der Multifry von De’Longhi in deutsche Küchen. Richtig pfiffig dazu: die Multifry-App mit über 250 Rezepten.
  • Die Nespresso-Kaffeemaschine im KitchenAid-Look und in der typischen KitchenAid-Farbe Rot. Liebhaber von KitchenAid-Küchenmaschinen dürften hier zuschlagen.
  • Russel Hobbs brachte einen Wasserkocher, der um 75% leiser seinen Dienst tut. Das Gerät aus der Buckingham-Range arbeitet mit der Quiet-Boil-Technologie. Ein Diffusor-Ring und ein speziell beschichtetes Heizelement verhindert lautes Blubbern.
  • Bei Koenic, der MSH-Eigenmarke, war mit dem KBL 300 Mini-Smoothie-Maker zu sehen, der speziell Smoothie-Anfänger ansprechen soll. Im Übrigen fiel auf, dass das Eigenmarkenprogramm Koenic sich A-Marken-Qualität annähert – und dies zu einem wirklich attraktiven Preis.
  • WMF steigt in das das Thema „Fun Cooking“ ein. Das LONO Raclette ist aus glänzendem Cromargan®, edel designt und passt – wie es der Name vermuten lässt – zu allen anderen Geräten der My WMF Serie.
  • Teetrinker hat Grundig mit dem Gourmet-Teebereiter TM 8280 W im Fokus. Mit dem Touch Control Display lassen sich die Art des Tees sowie die gewünschte Stärke und Tassengröße innerhalb der vorgegebenen Intensitätsgrade auswählen. Mit Bedienung der Starttaste wird das Wasser im separierten Wasserkocher auf die gewünschte Temperatur gebracht.
  • Einen kabellosen Staubsauger mit einer Akku-Leistung für 50 Minuten war bei der Marke Vax aus dem Hause Royal Appliance zu entdecken. Hier bringt der TTI-Konzern seine volle Akku-Kompetenz aus dem Elektrowerkzeug-Bereich (Milwaukee Power Tools) ein.
  • Saugrober sind in. Dyson zeigte einen Prototyp, der Mitte 2015 verfügbar sein soll. Der Dyson 360 Eye Roboter erkennt seine Umgebung mithilfe eines einzigartigen 360° Vision Systems, entwirft anschließend einen detaillierten Grundrissplan zur intelligenten und systematischen Navigation und protokolliert seine Position.
  • Den Samsung Saugroboter VR9000H kann man per Laserpointer zu seinem Einsatzort steuern. Diese „Fernbedienung“ sorgt nicht nur für eine punktgenaue Navigation, sondern bietet auch noch einen hohen Spaß-Faktor.

Meine Favoriten bei Großgeräten

  • Bei Großgeräten lohnte definitiv ein Besuch bei Bosch. Bei der Serie 8 Backöfen punktete der PerfectBake Backsensor sowie das PerfectRoast Bratenthermometer. Auch das neue Design, das vom intuitiven Bedienring und dem großzügigen TFT-Touch-Display bestimmt wird, gibt den Bosch Geräten ein ganz spezielles Gesicht. Ferner sind der Backöfen wie auch der Geschirrspüler der Serie 8 per WLAN vernetzt und über den offenen BSH-Standard Home Connect jederzeit zu bedienen. Eine Rezeptbank wie auch übers Internet abrufbare Serviceleistungen machen die Vernetzung zusätzlich reizvoll.
  • „Das Außergewöhnliche im Leben“, so die Siemens Maxime, verkörpert das Unternehmen mit der neuen Einbaugeräte-Reihe iQ700. Siemens zeigt eine über alle Gerätetypen hinweg eine lückenlos durchdefinierte Gestaltung. „Ob übereinander oder nebeneinander: Die Geräte verschmelzen stets zu einer Einheit. So entstehen makellose Panoramen, die sich in jede Richtung unendlich fortsetzen lassen“, erläutert Siemens Chefdesigner Gerhard Nüssler. Das neue Design setzt vermehrt auf Glas; neben Schwarz sind ausgewählte Modelle erstmals auch in Weiß erhältlich. Auch bei der iQ700-Range ist das BSH-Vernetzungskonzept Home Connect integriert.
  • Als „die sicherlich beste Waschmaschine, die je gebaut wurde“ bezeichnet Miele ihr neues Spitzenmodell aus der Baureihe W1 mit der internen Modellbezeichnung „W1 Prestige.“ Bei diesem Waschautomat verbinden sich ein Energieeffizienzwert von A+++ minus 40 Prozent mit weniger als drei Stunden Programmlaufzeit und neun Kilogramm Beladungskapazität. Für ganz Eilige gibt es das Programm "QuickPowerWash", das die amtlich normierte "Waschwirkung A" sogar in weniger als einer Stunde erreicht, unabhängig bestätigt vom Krefelder wfk-Institut. Stolz ist Miele auch darauf, rund 400 vernetzungsfähige Geräte anbieten zu können.

Zwei Highlights jenseits des Üblichen

  • Keine Gerätetechnologie, kein Design, kein außergewöhnliches Produkt soll an dieser Stelle beschrieben werden. Es ist eine PoS-Idee, die begeistert – eine Präsentationswand in 4K Auflösung, mit Touch-Bedienung und Abbildungen von allen Samsung Weiße Ware-Geräten in Orginalgröße. Die Idee dahinter: das komplette Sortiment zu zeigen, ohne alle Geräte im Ladengeschäft vorrätig zu halten. Eine faszinierende Idee, die in Kürze am PoS neue Akzente setzen wird.
  • Was Samsung CEO Boo-Keun Yoon in seiner Keynote am Eröffnungstag der IFA skizzierte, empfanden die meisten Zuhörer als hoch spannend, andere jedoch eher als erschreckend. Das „Show Me“-Home, so der Samsung Boss, stellt den Bewohnern beispielsweise Energieverbrauchs- und Gesundheitsdaten zur Verfügung, das „Know Me“-Home kennt deren Gewohnheiten und schaltet unter anderem zur Aufstehzeit Licht- und Kaffeemaschine an. Und das „Tell Me“-Home analysiert die Bedürfnisse der Menschen und macht ihnen Vorschläge zur Verbesserung der Alltagsabläufe. „Diese Zukunft ist nicht etwas, das in weiter Ferne liegt“ betonte Yoon.

Schließlich: Ist die IFA 2014 wirklich zukunftsweisend? Nicht auf den ersten Blick! Wer sich jedoch die Zeit nahm, die IFA wirklich zu ergründen, zu erforschen und zu verstehen, für den hat sich der Besuch richtig gelohnt. Ein ideales Rüstzeug und Trend-Barometer für künftiges Handeln im geschäftlichen Alltag. Nur, mit zwei Messe-Tagen kommt man wohl künftig nicht mehr hin. Die IFA ist eine Reise wert – mindestens drei Tage sollte man im Spätsommer 2015 schon mal einplanen.

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